Philipp Stemmer-Zorn
Wer eine deutsch-russische Begegnung organisiert und durchführt, möchte am Ende auf ein gutes Projekt zurückblicken. Eine Auseinandersetzung mit Instrumenten der Qualitätssicherung oder -entwicklung kann dabei helfen, die Bemühungen um gute Austauschpraxis zu strukturieren und in der eigenen Institution tiefer zu verankern. Was ist dabei zu beachten?
Wer die Qualität eines internationalen Austausches bestimmen will, stellt sich zunächst die Frage, an wessen Maßstäben diese gemessen werden soll. Anders formuliert: Wer bestimmt eigentlich, was ein gutes Austauschprojekt ist?
Leitungspersonen oder -teams haben meist aufgrund von Erfahrungen mit vergangenen Projekten eigene Vorstellungen davon, was einen guten Austausch ausmacht. Anderseits gibt es Qualitätsvorstellungen von außen. Bei der Beantragung finanzieller Unterstützung eines Projektes liegen den Fördervoraussetzungen in der Regel bestimmte Mindeststandards zu Grunde. Wer bestimmt also? Sind es allein Ihre Maßstäbe als Projektleitung oder wird die Partnerorganisation einbezogen? Sollen die Erwartungen der Teilnehmenden, der Schule oder des Trägers entscheiden oder sind es am Ende die Vorgaben des Fördermittelgebers?
Hier zeigt sich bereits, dass die Definition von Qualität immer auch eine Machtfrage ist, die mal mehr, mal weniger demokratisch verhandelt werden kann. In jedem Fall sollten Sie als Projektleitung gemeinsam mit dem Partner entscheiden, wessen Maßstäbe für Sie relevant sind, wie die verschiedenen Einflussgruppen zueinander im Verhältnis stehen und wessen Erwartungen für Ihr Projekt ausschlaggebend sind.
Auf die Frage danach, welche Maßstäbe für die Beurteilung von Qualität herangezogen werden sollen, gibt es ebenfalls mehrere mögliche Antworten. In unserem Zusammenhang am wichtigsten sind:
Auch hier sollten Sie als Projektleitung entscheiden, welche Qualitätsdimensionen für ihr eigenes Verständnis von gutem Austausch wichtig sind.
Nachdem Sie entschieden haben, wessen und welche Maßstäbe für Ihr Verständnis von Qualität von Bedeutung sind, stellt sich die Frage nach der konkreten Umsetzung. Wenn Sie die folgenden vier Phasen während Ihres Projekts durchlaufen, haben Sie schon die wichtigsten Elemente des Qualitätsmanagements in Ihre Arbeit eingeführt:
1. Planen (Wie soll es sein?)
Vor Beginn der Begegnung planen Sie gemeinsam mit Ihrer Partnerorganisation Ziele, Methoden, Programm und Durchführung des Austausches. Je expliziter Sie Ziele (und auf dieser Grundlage Qualitätsstandards) formulieren, desto besser lassen sie sich am Ende überprüfen.
2. Steuern (Was tun wir wie?)
Während der Durchführung des Projekts achten Sie darauf, dass Ihre Ziele nicht aus dem Blick geraten und Ihre Praxis tatsächlich dem gemeinsamen Qualitätsanspruch entspricht.
3. Überprüfen (Was haben wir erreicht?)
Nach dem Projekt überprüfen Sie, in welchem Maße die gewünschte Qualität erreicht wurde und reflektieren Ihre Erfahrungen. Dies erfolgt idealerweise gemeinsam mit der Partnergruppe und unter Beteiligung der Jugendlichen.
4. Verbessern (Was ist noch zu tun?)
In der vierten und letzten Phase werden konkrete Verbesserungsmaßnahmen für die Zukunft geplant, beschlossen und dokumentiert – ebenfalls nach Möglichkeit gemeinsam mit dem Projektpartner und den Jugendlichen.
Bei aller Planung und Organisation müssen Sie während des Projekts flexibel bleiben, denn selten verläuft alles genauso wie geplant. Oft muss bei der Durchführung improvisiert und die Programmplanung oder die eigenen Erwartungen spontan der Wirklichkeit des Gastlandes oder pädagogischen Prozesses angepasst werden. Wichtiger erscheint es daher, in der eigenen Schule oder Organisation eine Kultur des Lernens zu schaffen. Sie ist gekennzeichnet durch
Eine Kultur des Lernens zielt nicht auf ständige Revolutionen, sondern vielmehr auf stetige Weiterentwicklung in kleinen Schritten. Die Behandlung des Themas Qualität wird in diesem Sinne zu einer Grundströmung professionellen Handelns im Team und der Organisation.
Philipp Stemmer-Zorn ist Projektmanager im Transferbüro der Initiative „Austausch macht Schule“ in Hamburg. Die Initiative setzt sich dafür ein, allen Kindern und Jugendlichen – unabhängig von Geschlecht, Religion, Herkunft, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen – die Teilnahme an Austauschprogrammen zu ermöglichen. Internationaler Schüleraustausch soll als wertvoller, wesentlicher „Bildungsort“ im Bildungssystem nachhaltig verankert werden.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Anzahl von Veröffentlichungen zu Qualitätsstandards des internationalen Schüler- und Jugendaustauschs überschaubar. Zu empfehlen sind: