Onlinekonferenz "Zukunft braucht Erinnerung"

Einweihung des digitalen Tagungshauses DINA.international

Als eine der ersten Veranstaltungen im Rahmen des Deutschlandjahres in Russland 2020/21 fand vom 29.9. – 01.10.2020 unsere Onlinekonferenz zum deutsch-russischen Jugendaustausch „Zukunft braucht Erinnerung“ statt.

Die Konferenz, die ursprünglich im Mai 2020 in Berlin stattfinden sollte, nahm den 75. Jahrestag des Endes des 2.Weltkriegs zum Anlass, um die Frage nach der Zukunft für den deutsch-russischen Jugendaustausch zu stellen und gemeinsam mit den Teilnehmenden Strategien und Visionen für die Austauscharbeit zu entwickeln.

Zum Auftakt der Konferenz sandten die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering, und der Sonderbeauftragte für internationale kulturelle Zusammenarbeit des Präsidenten der Russischen Föderation, Michail Schwydkoj, Grußworte an die Teilnehmenden. Gemeinsames Erinnern bedeute, gemeinsam an der Zukunft zu bauen und sich bewusst zu machen, welche Bedeutung die Vergangenheit für die Zukunft habe, so Michelle Müntefering. Sie unterstrich, dass mit größer werdendem zeitlichem Abstand sich nicht nur der Blick auf die Vergangenheit verändere, sondern auch neue Möglichkeiten des Erinnerns und Lernens über Grenzen hinweg entstehen würden. Michail Schwydkoj mahnte, dass Geschichte die Menschen nicht trennen dürfe und erinnerte an das enge Geflecht von Verbindungen und Partnerschaften, das sich seit über 50 Jahren zwischen beiden Ländern entwickelt habe. Es sei wichtig, dass sich die Jugend erinnert, aber die Erinnerung dürfe der Zukunft nicht im Weg stehen.

Aktuelle Situation im deutsch-russischen Jugendaustausch

Um die aktuelle Lage im deutsch-russischen Jugendaustausch ging es anschließend bei einem Podiumsgespräch mit Organisatorinnen und Organisatoren von Jugendbegegnungen. Dabei wurde deutlich, dass die Auswirkungen der Pandemie für die Aktiven im Austausch enorm waren. Ganze Jahresplanungen wurden hinfällig und mussten neu entwickelt werden. Aber auf Grund der engen Beziehungen und langjährigen Partnerschaften zwischen den Projektpartnern haben sich viele Akteure gut mit der Situation arrangiert und auf neue Formen des Austauschs umgestellt. Nicht nur die Anzahl an digitalen Austauschprojekten steigt stetig, bei einigen Organisationen haben die Auswirkungen der aktuellen Situation die Partnerschaft sogar gefestigt.
 

Zukunft des deutsch-russischen Jugendaustauschs

Themen und Austauschformate sowie Angebote der Koordinierungsbüros, die in Zukunft von Bedeutung sein könnten, waren Gegenstand einer ersten Gruppenarbeitsphase. Im Ergebnis sollen zukünftig  Themen wie z.B. Berufsausbildung, Stadtentwicklung, Umwelt, Traditionen und historische Themen stärker im Austausch berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollen neben den klassischen realen Austauschformaten in Zukunft digitale und hybride Formate eine größere Rolle im Austausch spielen. Allerdings wurde auch deutlich, dass der Bedarf an Methoden und Unterstützung zur Umsetzung digitaler Formate sehr groß ist.
 
In einer zweiten Gruppenarbeitsphase ging es um die Verbesserung der finanziellen Ausstattung im Jugendaustausch und seine Weiterentwicklung. Entsprechend wurden in einer Gruppe Vorschläge erarbeitet, wie Akteure im Jugendaustausch selbst in den politischen Raum kommunizieren können.
Eine andere Gruppe diskutierte den Entwurf einer mehrjährigen Strategie für den deutsch-russischen Jugendaustausch und machte ergänzende Vorschläge. Wichtig war den Teilnehmenden, dass in der Strategie thematisiert wird, wie jene gesellschaftlichen Gruppen erreicht werden können, die von den Angeboten des internationalen Jugendaustauschs bisher noch nicht profitiert haben. Gemeint sind damit sowohl Schulformen als auch Jugendliche aus bildungsfernen oder finanzschwächeren Familien sowie Jugendliche mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Ebenfalls große Relevanz räumten die Teilnehmenden dem Thema Öffentlichkeitsarbeit ein, denn bisher ist der internationale Jugendaustausch in der Öffentlichkeit kaum sichtbar. Hinsichtlich der thematischen Ausrichtung von Jugendaustausch wurde vorgeschlagen, globale, gesamtgesellschaftliche Themen wie beispielsweise die Fridays-for-future-Bewegung mehr in den Fokus zu nehmen  und Friedenssicherung als ein Ziel des Jugendaustausches zu formulieren. 
 

Historische Bildungsarbeit im deutsch-russischen Jugendaustausch

Am letzten Konferenztag stand das Erinnern und die historische Bildung im Mittelpunkt. Bei einem Online-Podiumsgespräch diskutierten Vertreter und Vertreterinnen vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, der Johann-Philipp-Reis-Schule Friedberg, dem Zentrum für patriotische und Kriegsgräberarbeit des Gebiets Wolgograd und dem Klub der Politologen im Rjazaner Gebiet über historische Bildungsarbeit im deutsch-russischen Jugendaustausch. Die Experten waren  sich  einig, dass die Pflege der Erinnerungskultur umso wichtiger wird, je seltener Jugendliche die Möglichkeit haben, mit Zeitzeugen in Kontakt zu kommen. Entscheidend für das Erinnern sei aber das wie, d.h. welche Methoden kommen zum Einsatz und welche Orte dafür gewählt werden. Da Geschichte unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werde, sei es umso  wichtiger, miteinander zu sprechen, um die andere Sichtweise kennenzulernen und Verständnis entwickeln zu können.

Erste Veranstaltung im neuen digitalen Tagungshaus

Die Konferenz war die erste Großveranstaltung, die im neuen digitalen Tagungshaus DINA.international (Digital International Networking Activities) stattfand. Trotz einiger kleiner technischer Probleme hat die neue Videoplattform ihre Feuertaufe bestanden. Das fanden auch die über 40 deutschen und russischen Teilnehmenden der Konferenz, Vertreterinnen von Schulen, Vereinen und Verbänden und anderen Institutionen, die im deutsch-russischen Jugendaustausch aktiv sind. 
DINA.international ist eine gemeinsame Initiative der bilateralen Fach- und Förderstellen und wird nach seiner endgültigen Fertigstellung allen Aktiven im internationalen Jugendaustausch für die Nutzung zur Verfügung stehen  - kostenfrei, ohne Werbung und datenschutzkonform.