Lehrerinformationsreise nach Russland

Stiftungsprojekt

Zwölf Lehrkräfte von zehn deutschen Schulen sind am Pfingstwochenende von einer einwöchigen Informationsreise nach Petrosawodsk / Karelien zurückgekehrt. Erschöpft, aber tief beeindruckt von den Erlebnissen der Reise trennten sich die Teilnehmer auf dem Hamburger Flughafen, um in ihre Heimatorte zurückzufahren.
Nach einer ähnlichen Reise im Jahre 2007 nach Tula hatte die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch ein zweites Mal eine Informationsreise für Lehrkräfte aller Schulformen in allen Bundesländern ausgeschrieben. Die Reise sollte hauptsächlich folgende Ziele erreichen:
-   Anbahnung von Partnerschaften zwischen deutschen und russischen Schulen
-   Gewinnung von Einblicken in das russische Schulwesen und dessen aktuelle Entwicklungen
-   Vermittlung eines aktuellen Russlandbildes Mit Petrosawodsk, der Hauptstadt der Republik Karelien, war wieder ein regionales Zentrum als Reiseziel gewählt worden. An Schulen außerhalb der Metropolen Moskau und Sankt Petersburg sind erfahrungsgemäß die Bereitschaft und der Wunsch nach Partnerschaft mit einer deutschen Schule wesentlich größer.
Die Vorbereitung der Reise hatte im Sommer des Jahres 2009 begonnen.  Bestehende Kontakte zum Lyzeum Nr. 1 in Petrosawodsk wurden genutzt, um die Modalitäten der als Austauschreise für deutsche und russische Lehrkräfte konzipierten Reise zu erarbeiten.  Im Vordergrund des Programms sollten Besuche von Schulen und Bildungseinrichtungen, Hospitationen von Unterrichtsstunden und gemeinsame Aktivitäten von russischen und deutschen Lehrkräften stehen. Offenbar ohne Mühe gelang es, eine ausreichende Zahl von russischen Kolleginnen zu finden, die bereit waren, die deutschen Gäste bei sich in den Familien aufzunehmen.
Am 15. Mai ging es gemeinsam im Direktflug von Hamburg nach Sankt Petersburg. Eine Nacht und ein ganzer Tag mussten ausreichen für die Erkundung der „Kulturhauptstadt Russlands“. Die fast schon „weißen Nächte“ und strahlender Sonnenschein am Tage waren beste Voraussetzungen für lange Spaziergänge durch die Stadt. Von Kolleginnen und einer Schülerin der Schule Nr. 506 wurde den deutschen Lehrkräfte in makellosem Deutsch das historische Stadtzentrum gezeigt und kenntnisreich erläutert. Noch etwas verschlafen stieg die Gruppe dann am Montagmorgen um sieben Uhr in Petrosawodsk aus dem Nachtzug und wurde von den russischen Gastgebern herzlich in Empfang genommen. Pünktlich um neun Uhr begann im Lyzeum Nr. 1 das Programm. Geballte Informationen von den Gastgebern über das russische Schulsystem im Allgemeinen und über das Lyzeum im Besonderen wurden von den deutschen Gästen mit Präsentationen über ihre Schulen beantwortet. Ein Besuch im Mineralien-Museum der Schule mit Vorträgen von Schülern zur Geologie Kareliens, ein Treffen mit den Russischlehrerinnen des Lyzeums mit Präsentationen zur russischen Sprache und der Vorführung von Sprachspielen im Unterricht, ein Auftritt der Tanzgruppe – beim anschließenden Mittagessen in der Kantine der Schule zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen bei den Gästen.
Eine ausführliche Stadtrundfahrt unter fachkundiger Anleitung einer russischen Kollegin mit Spaziergang auf der Promenade am Onegasee verschaffte der Gruppe etwas Bewegung an frischer Luft. Eine (nicht vorgesehene) Verschnaufpause in einem der zahlreichen Cafés „erkauften“ sich die Gäste dadurch, dass sie die russische Kollegin zu einer Tasse Kaffee einluden. Ein Besuch des städtischen Puppenmuseums beschloss das Tagesprogramm.
Am Ende des Tages schien es den deutschen Kolleginnen und Kollegen, als sei man schon Wochen in Petrosawodsk. Die Fülle des Erlebten hatte die Gäste erschlagen. Erste Befürchtungen wurden laut, es werde auf diese Weise weitergehen. Der schon jetzt erreichte Erschöpfungsgrad wurde von einigen mit der Zahl der verbleibenden Tage multipliziert, eine niederschmetternde Rechnung. In den folgenden Tagen wurden dann selbst die größten Pessimisten eines Besseren belehrt. Die  Kolleginnen des Lyzeums Nr. 1 erwiesen sich als außerordentlich flexibel, als es darum ging, das Programm den Wünschen und Vorstellungen der deutschen Gäste anzupassen. Programmpunkte, wie z.B. weitere Museumsbesuche, wurden einfach gestrichen, um mehr Zeit für Gespräche zu schaffen. Die folgenden Schulbesuche boten auch die gewünschten Gelegenheiten zur aktiven Teilnahme am Unterricht und zu Kontakten mit Lehrkräften und Schülern.
Beeindruckt und positiv überrascht wurden die Besucher durch die sehr konkreten und professionell präsentierten Angebote der russischen Kolleginnen zur projektbezogenen Zusammenarbeit mit deutschen Schulen. Man spürte, dass alle besuchten Schulen bereits in Kooperationen mit Schulen aus den USA, Skandinavien und Finnland Erfahrung in internationalen Projekten hatten sammeln können.
Tief beeindruckt zeigten sich die deutschen Lehrkräfte auch von der medialen Ausstattung der russischen Schulen. In vielen Klassenräumen gab es fest installierte Projektoren für computergestützte  Präsentationen. Der Umgang mit den neuen Medien machte den russischen Kolleginnen keinerlei Schwierigkeiten. Eine flächendeckende, gründliche IT-Fortbildung für Lehrkräfte und die tägliche Unterrichtsarbeit mit elektronischen Medien erklären diese Erscheinung. Verwundert und etwas ratlos reagierten die Gastgeber auf die Frage einer deutschen Kollegin nach einem OH-Projektor, den sie für die Präsentation ihrer Schule auf mitgebrachten Folien benötigte. Die Präsentation musste entfallen. In vielen russischen Schulen hat PowerPoint die Arbeit mit Tafel und Kreide ohne Zwischenstufen abgelöst.
Umarmungen, sogar Tränen des Abschieds am Freitagabend auf dem Bahnhof von Petrosawodsk. Gastgeber und Gäste waren sich einig: „Das war der Anfang. Beim Gegenbesuch im November vertiefen wir unsere Freundschaften und bereiten gemeinsame Schulprojekte vor! Dogovorilis’ – abgemacht!“ Weitere Informationen können im Reisetagebuch nachgelesen werden. Impressionen der Reise finden Sie in unserer Bildergalerie.

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