Педагогика немецко-российского молодежного обмена

Von der Idee zum Programm – Was bei der Planung eines Austauschprojekts wichtig ist 

Stephan Schwieren

Um eine Jugendbegegnung auf die Beine zu stellen, braucht es mehr als nur eine gute Idee. Im Vorfeld, während und nach der Begegnung gibt es einige Aspekte zu beachten. Deshalb sind neben einem pädagogischen Konzept auch ein langer Atem, Verbündete und das Ziel immer vor Augen wichtig, um nach einer herausfordernden und manchmal auch kräfteraubenden Zeit das Begegnungsprojekt zufrieden abschließen zu können.

Häufig umfassen Jugendbegegnungsprojekte im deutsch-russischen Jugendaustausch nicht eine, sondern zwei Maßnahmen: eine Begegnung in Russland und eine in Deutschland. Damit gibt es mindestens vier Phasen: die Vorbereitung des Projektes, die beiden Begegnungen, die Zeit zwischen den Treffen und die Nachbereitung.

Die Vorbereitung – Die Zeit für Optimisten

Vor allem Teilnehmende können sich kaum vorstellen, dass die Vorbereitung die mit Abstand längste Phase eines Begegnungsprojekts ist. Der zeitliche Vorlauf kann mehr als ein Jahr betragen. Ausgangspunkt ist die Idee, ein Projekt im deutsch-russischen Austausch zu organisieren. Das wichtigste dafür ist der passende Partner. Es ist elementar, dass beide Partner die gleiche Vorstellung vom zukünftigen Austausch teilen: Soll es um Sport, um Kunst, um politische Bildung, Erinnerungsarbeit, gemeinsames Naturerleben oder ein anderes Thema gehen? Abzustimmen sind zudem das wer, wo und wann der Begegnung (vgl. zu Einzelheiten das Kapitel Zusammenkommen ist ein Beginn…Wie finde ich einen passenden Austauschpartner?).

Ein wichtiger Schritt ist die gemeinsame Finanzplanung und darauf aufbauend die Beantragung von Fördermitteln. Für den Antrag sind erste grobe inhaltliche Ideen notwendig: Welche Themen und welche inhaltlichen Ziele sollen verfolgt werden – z.B. persönliche Begegnung, ein stärkeres Umweltbewusstsein oder ein kritischer Umgang mit sozialen Medien. Viele dieser Fragen lassen sich per Mail und noch besser bei Onlinetreffen der Partner klären. Regelmäßige Zoom- oder Skypegespräche sind hilfreich aber sie ersetzen v.a. bei neuen Partnern nicht das Vorbereitungstreffen mit den Mitgliedern des Teams von beiden Seiten. Hier ist es wichtig, dass sich alle beteiligten Akteure kennen lernen und auf Augenhöhe das Programm entwickeln.

Doch bevor sich das Leitungsteam zwei bis drei Monate vor der ersten Begegnung zur detaillierten Programmplanung trifft, steht die Suche nach Teilnehmenden an. Auf einer digitalen oder gedruckten Ankündigung müssen die Projektdaten, eine Projektbeschreibung, Altersangaben, der Teilnahmebeitrag, die Anmeldefrist und die Ansprechpersonen genannt werden. Um viele Perspektiven und die soziale Vielfalt in der Gesellschaft zu berücksichtigen, versuchen viele Träger ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis und Jugendliche aus unterschiedlichen sozialen Gruppen für Begegnungsprojekte zu gewinnen. Hierzu ist es von Vorteil sich z.B. gut mit Einrichtungen der Jugend(verbands-)arbeit und mit Schulen zu vernetzen.

Personen führen einen Pfeil durch ein Labyrinth zum Ziel

Wenn die Teilnehmenden feststehen, ergeben sich eine Reihe organisatorische Aufgaben. Für alle hiermit zusammenhängenden Aufgaben wie Visabeantragung, Reiseorganisation und Versicherung braucht es genügend Vorlauf (ca. 3 Monate). Parallel dazu sollte jetzt das Begegnungsprogramm im Detail geplant werden.

Eine gute Orientierung für die Erarbeitung des Programms bietet das sogenannte Berliner Didaktik-Modell (Paul Heimann), das vier Entscheidungsfelder bzw. Stufen umfasst: Ziele, Inhalte, Methoden sowie Mittel bzw. Medien. Unstimmigkeiten bei Zielen bedeuten für jede Teamarbeit das Risiko zu scheitern. Das gemeinsame Bestimmen der Ziele für das Programm der Begegnungen steht deshalb am Beginn jeder Planung.

Trotzdem kann es im Verlauf der Begegnungen natürlich zu Zielveränderungen und -anpassungen kommen, denn Teilnehmerorientierung bedeutet auch Prozessorientierung. Die Ziele schriftlich zu formulieren, hilft bei der Abstimmung und Konkretisierung. Eine gute Unterstützung ist dabei, an verschiedene Wirkungsebenen zu denken: an erster Stelle an Lernergebnisse auf der Ebene der Teilnehmenden (Wissen, Fertigkeiten, Einstellungs- und Verhaltensänderungen), aber auch an Aufgaben, die das Leitungsteam leisten will (diversitätsbewusste Perspektive, Teilnehmerorientierung, Nachhaltigkeit) und an Wirkungen im gesellschaftlichem Umfeld des Projektes (Sichtbarkeit).

Sind die Ziele formuliert, gilt es im zweiten Schritt, die Inhalte des Programms näher zu bestimmen. Welche Aspekte möchte das Team thematisieren? Was ist der rote Faden im Programm? Wichtig ist hierbei, die Teilnehmenden, ihre Interessen und die Zusammensetzung der Gruppe im Auge zu behalten. Auch die Rahmenbedingungen, wie der Zeitpunkt der Begegnung, die Orte und die Sprachkenntnisse gilt es zu beachten.

Sind die Inhalte bestimmt, mit denen die Ziele erreicht werden sollen, müssen passende Methoden ausgewählt werden. In der außerschulischen Bildung setzen viele Praktikerinnen und Praktiker auf einen Mix aus aktivierenden Methoden, die Raum für Interaktion und Reflexion geben. Die Methoden gilt es mit Blick auf die Inhalte, die Ziele und natürlich die Gruppe auszuwählen. Bleibt als letzter Schritt, dass das Team abspricht, welchen Bedarf an Medien und Materialien die Methoden bedeuten. Im Team lässt sich gut aufteilen, wer welche Methoden vorbereitet und Medien besorgt.

Kurz vor der ersten Begegnung werden Teilnehmende und ggf. ihre Eltern zu einem Vorbereitungstreffen eingeladen. Der Austausch mit Russland führt bei beiden Zielgruppen zu Fragen. Es hat sich bewährt, das Informative und das Methodische zu mischen: Die Reise, der Partner und das Programm werden vorgestellt und Fragen beantwortet. Dabei eignet sich als Einstieg eine Sprachanimation, die Arbeit mit Fotos, um die Erwartungen (auch der Eltern) einzubinden und zum Abschluss eine kurze Begegnungsmethode. So erhalten die Teilnehmenden einen Vorgeschmack auf das Begegnungsprogramm.

Die Begegnungen – Die Zeit für gute Akkus

Nach langer Vorbereitung ist es soweit: Die Teilnehmenden und das Team reisen am Begegnungsort an. Viel Neugier und viel Nervosität sind im Gepäck. Die Zimmerverteilung ist ein erster Härtetest. Der Essensplan ist erstmal viel wichtiger als das Programm. Überraschungen reisen mit an, Änderungen erfordern von Anfang an viel Flexibilität beim Team. Das Programm ist gut vorbereitet und die Kennenlernphase startet. Die Gruppe formiert sich. Danach folgen die inhaltlichen Tage mit viel persönlicher Begegnung, thematischer Auseinandersetzung, Reflexion und Diskussion – aber auch Konflikten in der Gruppe oder zwischen Team und Teilnehmenden. Nach dem pädagogischen Prinzip der Teilnehmerorientierung gehen Störungen vor. 

Die Morgenrunde, wenn die Gruppe gemeinsam in den Tag startet, kann ein guter Zeitpunkt sein um Konflikte anzusprechen und Raum für ihre Klärung zu geben. Wie in der Vorbereitungsphase kommt auch während der Begegnung der Absprache im Team besondere Bedeutung zu. Die tägliche Teamsitzung, z.B. in der Mittagspause, ist wichtig, um Erlebtes im Team zu reflektieren. Hier wird das direkt bevorstehende Programm besprochen, dabei eventuell auf Bedürfnisse der Gruppe Rücksicht genommen und Änderungen eingeplant. Viel Zeit sich zurückzuziehen und auszuruhen bleibt dabei nicht – es gilt schließlich auch, in der Freizeit z.B. am Abend mit den Teilnehmenden Zeit zu verbringen, um ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen. Das ist wichtig, um für die inhaltlichen Einheiten einen geschützten Raum schaffen zu können, in dem kontrovers und persönlich diskutiert werden kann.

Zwischen Hin- und Rückbegegnung – Die Zeit für Multi-Tasker

Die Teilnehmenden und das Leitungsteam treten mit dem Ende einer Begegnung wieder in ihr persönliches Lebensumfeld von zuhause zurück. Da warten auf alle wieder andere Aufgaben und Kontakte. Für die Leitung stehen in der Zwischenzeit andere Projekte an. Das bedeutet andere Gruppen, Partner und Themen. Es ist eine große Herausforderung, den Spannungsbogen zwischen zwei Teilen einer Begegnung hoch zu halten. Soziale Medien und verschiedene Varianten digitaler Zusammenarbeit schaffen Möglichkeiten, die es erleichtern können, dass die Teilnehmenden und das Team in Kontakt bleiben. Je nach Abstand zwischen den Begegnungen kann auch versucht werden, den Teilnehmenden Aufgaben für die Zwischenzeit zu geben, um im Thema zu bleiben. Zur Weiterarbeit im Team eignen sich Skype-Gespräche bzw. Videokonferenzen (z.B. DINA.international) oder/und schriftliche Tools, um die erste Begegnung zu evaluieren und Schlussfolgerungen für den zweiten Teil zu ziehen. Auf das Team kommt vor der zweiten Begegnung wieder Organisatorisches zu: Die Anreise der anderen Gruppe, die Erstellung der Einladung, Vorbereitung von Exkursionen, etc. Die Teilnehmenden haben nach der ersten Begegnung eine grobe Vorstellung, wie der zweite Teil des Projekts ablaufen wird und können daher in die Programmplanung, besonders für die Abende, stärker einbezogen werden.

Die Nachbereitung – Die Zeit für Nachhaltigkeit

Nach dem Austausch ist vor dem Austausch. Der Reiz und eine große Herausforderung beim deutsch-russischen Austausch besteht darin, eine längerfristige Zusammenarbeit aufzubauen. Auf der Auswertung des (ersten) Projektes lässt sich aufbauen. Die Partner haben sich durch die gemeinsame Leitung und die Austauscherfahrung viel besser kennengelernt. Die inhaltliche Arbeit und die methodischen Interessen sind deutlich geworden und können nun vertieft werden.

Die Nachbereitung des Projektes, die Abrechnung, das Verfassen der Berichte und der Rückblick auf das durchgeführte Programm sind gute Grundlagen, um das nächste Projekt zu planen. Die inhaltlichen und methodischen Einheiten sind vielleicht schon vor oder während des Projektes verschriftlicht worden und können nun in einem Methodenspeicher abgelegt werden. Vielleicht ist auch Zeit, einen Presseartikel für die Homepage oder die Lokalzeitung zu verfassen oder es sind Materialien im Projekt erarbeitet worden (Poster, Filme, etc.), die nun der Öffentlichkeit und den Förderern als gutes Beispiel für Austauschpraxis präsentiert werden können. Um das Projekt abzurunden, bietet sich ein Nachtreffen mit den Teilnehmenden an – vielleicht in der Schule, im Jugendzentrum oder privat – wo alle Erfahrungen und Fotos noch einmal gewürdigt werden.

 

Stephan Schwieren schöpft seinen Erfahrungsschatz in der deutsch-russischen Begegnungsarbeit aus seiner langjährigen Tätigkeit als Jugendbildungsreferent am Haus am Maiberg, einer katholischen Bildungsstätte. Derzeit ist er für das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern tätig.

Lesenswertes

  • Ein guter Einstieg in die Planung internationaler Jugendbegegnungen findet sich auch in der Toolbox von IJAB.
  • „Wenn man nicht weiß, wohin man will muss man sich nicht wundern, wenn man irgendwo ankommt.“ (zit. nach Mark Twain) Ziele sind wichtig. Eine gute Anleitung zum systematischen Arbeiten mit Wirkungsebenen (Outputs, Outcomes und Impacts) bietet das Kursbuch Wirkung der Phineo-Stiftung.

Wissenswertes

zur Programmplanung

Wenn die Teilnehmenden an der Ausgestaltung des Programms aktiv beteiligt sind, ihre Erwartungen und Wünsche mit einbringen können, ist der Lerneffekt meist besonders groß. Daher ist es sinnvoll, wenn die detaillierte Programmplanung erst erfolgt, sobald die Teilnehmenden feststehen. Andererseits melden sich Jugendliche dann zu einem offen ausgeschriebenen Programm an, wenn das Thema sie interessiert. Wie die Suche nach Teilnehmenden und die Programmplanung bei der konkreten Begegnung ineinandergreifen, muss im Team vereinbart werden.