Grundlagen zum deutsch-russischen Jugendaustausch:
Forschung - Formen - Methoden

Bildungsraum Austausch: Was ist das?

Astrid Nebelung

Jugendliche in ihrer Bildungsbiographie ernst zu nehmen, bedeutet für die Leitung einer Jugendbegegnung vor allem, sich über die Chancen klar zu werden, die eine internationale Begegnung für die Teilnehmenden bietet. Wie können diese Chancen genutzt und der so entstehende Bildungsraum bewusst gestaltet werden?

Austausch als Lernort

Austausch wirkt! Das belegen zahlreiche Studien, die über die Website des IJAB recherchiert werden können. Jugendliche haben im Rahmen von Austauschprojekten die Möglichkeit, persönliche, fachliche sowie sprachliche Kompetenzen zu erwerben und zu erweitern:

  • Das Interesse der Jugendlichen für andere Länder und Lebensweisen steigt. Sie vertiefen ihr Wissen über den Alltag in den Partnerländern und lernen, Fremdes besser zu verstehen sowie Toleranz und Einfühlungsvermögen zu entwickeln.
  • Internationale Begegnungen dienen dem Erkennen, Verstehen und Reflektieren der eigenen kulturellen Sozialisation.
  • Austauschbegegnungen tragen zur Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen bei.
  • Austauschbegegnungen bieten mitunter die Gelegenheit, Einblicke in andere Berufszweige zu erhalten, und können somit auch berufsqualifizierende Bedeutung haben.
  • Bei den Jugendlichen steigt die Motivation zum Erlernen von Fremdsprachen. Viele verbessern ihre Englisch- oder andere Fremdsprachenkenntnisse aus der Erkenntnis heraus, dass es tatsächlich praktisch nützliche Fertigkeiten sind.

Jugendaustausch und Jugendbegegnungen sind als Bildungsraum der Rahmen, in dem sich diese Wirkungen entfalten können. Diesen Raum zu gestalten, ist die zentrale Herausforderung für die Leiterinnen und Leiter der Begegnung.
 

Junge betrachtet die Themen Diversität und Empathie

Vom interkulturellen zum diversitätsbewussten Ansatz

Im Jugendaustausch begegnen sich die Teilnehmenden nicht nur als Deutsche und Russen, sondern auch als männlich und weiblich, in der Stadt oder auf dem Dorf lebend, arm und reich, gläubig und nicht-gläubig, mit oder ohne Migrationsgeschichte… Diese komplexe Identität junger Menschen wird im diversitätsbewussten Ansatz berücksichtigt und ist somit als Weiterführung des traditionellen Ansatzes des interkulturellen Lernens zu verstehen.

Interkulturelle Bildung konzentriert sich dabei auf kulturelle Zugehörigkeiten als maßgebliches Unterscheidungsmerkmal, anhand dessen Lernen ermöglicht wird. Dies wird vom diversitätsorientierten Ansatz um eine Vielzahl weiterer Differenzlinien erweitert, die einerseits offenlegen wie komplex Identitäten sind und andererseits Annäherungen jenseits kultureller Zugehörigkeiten erleichtern.

 

Astrid Nebelung ist Referatsleiterin für Förderung und Qualifizierung in der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch. Seit 2001 arbeitet sie im Bereich der öffentlichen Förderung und hat Erfahrung mit verschiedenen Förderprogrammen. Sie ist der Meinung, dass die Angst vor Formularen und Zahlen unberechtigt ist und es sich lohnt, sich einfach zu trauen!

Lesenswertes:

Impulse für die eigene Arbeit mit dem diversitätsorientierten Ansatz finden Sie hier:

  • Die Website der Anti-Bias-Netz ermöglicht den kompakten Einstieg in den diversitätsorientierten Ansatz und bietet weiterführende Literatur und Links.
  • Gut für das Verständnis des diversitätsorientierten Ansatzes in der Internationalen Jugendarbeit eignet sich das folgende Buch:
    Eisele, Elli / Scharathow, Wiebke / Winkelmann, Anne-Sophie (2008): ver-vielfältig-ungen. Diversitätsbewusste Perspektiven für Theorie und Praxis internationaler Jugendarbeit, Weimarer Beiträge zur politischen und kulturellen Jugendbildung 4.
  • Den diversitätsbewussten Ansatz und seine Bedeutung für die Internationale Jugendarbeit erklärt auch das Positionspapier von DIVE – Netzwerk für diversitätsbewusste Jugend- & Bildungsarbeit.
  • Als Impuls zum Nachdenken über Stereotype eignet sich auch dieser Beitrag im Internet.