Toleranz lernen, Nationalismen eindämmen, für Europa begeistern – alles Kernthemen der Europäischen und Internationalen Jugendarbeit und aktueller denn je. Die Gastgeber/-innen des diesjährigen Parlamentarischen Frühstücks appellierten im Gespräch mit den Abgeordneten, die Expertise des Arbeitsfeldes zu nutzen und Internationale Jugendarbeit in allen Politikfeldern mitzudenken. Hierzu gehört allerdings auch eine ausreichende finanzielle Ausstattung.
Die Potentiale des internationalen Jugendaustausches für Annäherung und Verständigung, für Freiheit und Demokratie sollten angesichts der aktuellen Entwicklungen viel stärker in die Gestaltung der internationalen Zusammenarbeit, aber auch in die Gestaltung von Jugendpolitik in Deutschland einbezogen werden. Welche politischen, strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen hierfür notwendig sind, verdeutlichten die Eingangsstatements von Markus Ingenlath (DFJW), Christine Mähler (ConAct), Stephan Erb (DPJW), Thomas Rudner (Tandem) und Marie-Luise Dreber (IJAB), die im anschließenden Gespräch mit den Abgeordneten diskutiert wurden. Alle Forderungen im Detail sind in einem Forderungspapier zusammengestellt.
Dass die Mittel für den Bereich der Internationalen Jugendarbeit im KJP nicht ausreichen, bringt auch die erfolgreiche Arbeit mit sich: Inzwischen konnten neue Zielgruppen gewonnen werden, darunter z. B. junge Menschen mit Migrationshintergrund, sozial benachteiligte Jugendliche oder junge Menschen mit Behinderung. Oftmals entstehen dadurch höhere Kosten, beispielsweise durch einen anderen Betreuungsschlüssel, eine längere und umfassendere Vorbereitung, Elternarbeit etc. Die Erhöhung der Fördersätze ab 2017 ist notwendig und wird von den Organisationen sehr begrüßt. Bei gleichbleibenden Gesamtmitteln bedeutet dies allerdings auch, dass insgesamt deutlich weniger Austauschprogramme durchgeführt werden können. Hier bedarf es der Mittelaufstockung.
Ganz klar ist, der Aufwand lohnt sich! Gerade sozial benachteiligte Jugendliche profitieren in ihrer Persönlichkeitsentwicklung durch Erfahrungen in internationalen Projekten.
Nicht nur national fokussieren
Um das Potenzial der Europäischen und Internationalen Jugendarbeit für die Förderung von Demokratie, Toleranz und Menschenrechten umfassend zu nutzen, muss ferner das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ für europäische und internationale Projekte geöffnet werden. Europäische und Internationale Jugendarbeit ist kein separater Bereich, der getrennt von nationalen Zielen der Jugendpolitik betrachtet werden darf, sondern steht in einem gemeinsamen Bedingungsgefüge von nationalen, europäischen und internationalen Einflüssen. Ein Vorschlag ist, das Bundesprogramm um eine internationale Förderlinie zu ergänzen. Diese Idee wurde von den Abgeordneten positiv aufgegriffen.
Ein weiterer Vorschlag ergibt sich aus der Einbindung Internationaler Jugendarbeit in die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Durch den Bundestagsantrag 2015 und eine Aufstockung der Mittel um 3 Mio. sind erste gute Ansätze gemacht. Hier bedarf es aber einer besseren Kommunikation mit den Strukturen der Jugendarbeit. Nach wie vor bereitet zudem die Visavergabepraxis erhebliche Probleme, die zu lösen sind. Hier fordern die Vertreter/-innen der Europäischen und Internationalen Jugendarbeit Erleichterungen für freie Träger, wenn die Austauschprogramme öffentlich gefördert werden. Hierzu gehört auch eine Befreiung von den Visagebühren. Die Abgeordneten baten darum, sie über konkrete Fallbeispiele zu informieren.
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt bei dem Gespräch war angesichts der vielfältigen Krisen die Situation junger Menschen in Europa. Es ist notwendig, dass Europa im Sinne einer umfassenden Politik, die junge Menschen in den Mittelpunkt stellt, gemeinsam Verantwortung für die Gestaltung von Lebenslagen und die Bedingungen für das gelingende Aufwachsen junger Menschen übernimmt. Hierzu bedarf es einer erneuerten jugendpolitischen Zusammenarbeit auch nach 2018 in Europa, die die Chancengleichheit und Teilhabe junger Menschen in Europa erhöht, den Austausch untereinander fördert und zu mehr gesellschaftlichem Zusammenhalt beiträgt.
Für die nächste EU-Programmperiode von Erasmus+ heißt das, dass auch der Jugendbereich mit deutlich mehr Mitteln ausgestattet werden muss. Bereits jetzt müssen zahlreiche gute Anträge angesichts fehlender Mittel abgelehnt werden.
Das Parlamentarische Frühstück der Internationalen Jugendarbeit hat mittlerweile Tradition: Zum vierten Mal hatten ConAct – Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch, das Deutsch-Französischen Jugendwerk, das Deutsch-Polnischen Jugendwerk, IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V., JUGEND für Europa, das Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch – Tandem und die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch zum gemeinsamen Gespräch im Berliner Reichstag eingeladen. Die Einladung am 10. November 2016 nahmen zahlreiche Bundestagsabgeordnete und deren Mitarbeiter/-innen wahr.
Alle Forderungen mit erläuternden Hintergründen können Sie hier herunterladen.
Quelle: Stephanie Bindzus, IJAB